„Geile Tiere“, das waren – wie andere geniale Dilettanten auch – Künstler mit Gitarre und Mikrofon, die der kommerziellen Popkultur und der biederen Musik der „Neuen Deutschen Welle“ Anfang der 80er Jahre Paroli boten: „Alle sind sie geile Tiere“ statt Andreas Doraus „Fred vom Jupiter“, Spontaneität statt Professionalität, Performance statt Programm, Aggression statt Gefühlsheuchelei. „Geile Tiere“ war No Wave, war direkt, spielte mit sexuellen, ambivalenten Gefühlen. West-Berlin war damals dafür ein idealer Ort, diese Gemengelage auf die Bühne zu bringen. Man war ja selbst Teil des brodelnden Nachtlebens und offen für jede Art von schrägen Darbietungen. Im Sommer 1979 traf sich die Gruppe zu ersten Proben. Das Künstlerteam Salomé und Luciano Castelli, zwei junge Wilde, wollten ihre Inspirationsquellen um eine Facette erweitern. Sie schufen für sich eine öffentliche Bühne, um ihre künstlerischen Intentionen über Ateliergrenzen hinaus umzusetzen. Musik war dafür ein probates Mittel. Neben Farbtöpfen und Pinseln lagen Instrumente und technisches Equipment herum, neben heftiger Malerei ließ man im Atelier jetzt auch die Gitarren krachen. Man musste damals kein gelernter Musiker sein, um dieses Metier auszuüben, zumindest zeitweise. Viele hatten sich an Synthesizern und Gitarre versucht, wurden Profis und gehören noch heute zur Creme der Pop- und Alternativkultur. „Geile Tiere“ war nicht mehr als ein erotischer Wimpernschlag in der Musikszene der 80er Jahre. Frust und eine enttäuschte Liebe brachten das Projekt ins Wanken und die Künstler zurück an ihre Leinwände. Ich war die sogenannte zweite Stimme, sang aber im Lederoutfit, oder ohne, mit Salomé an der Front um die Wette, was sein Gezeter auf der Bühne noch mehr steigerte und das Publikum zu Anfeuerungsrufen veranlasste. Unsere Lieder handelten von knackigen Traumboys, Verführungen, falschen Freunden, Gummigurken und Koksdepressionen. Höhepunkte der Shows waren die mit den Zuschauern gemeinsam gebrüllten Stücke „Alle sind sie geile Tiere“ und „Eins – zwei – drei – bis einhundert“. Beim Abgang in die Garderobe schmunzelten Salomé und ich öfters über so manche Wodkaflasche, die ausgetrunken einsam im Dschungel am Boden lag. (Text: Walter Schörling)